Wir fahren den ältesten Gallardo im Firmenbesitz
Bild: Kevin Brych / AUTO BILD
von
- Alexander Bernt
04. November 2024
Manche mögen einwenden: Moment mal, der
Murciélagokam doch auch unter Audi-Herrschaft auf den Markt. An sich korrekt, doch die Entwicklung des Diablo-Nachfolgers war zur Übernahme bereits angelaufen. So bleibt dem
Gallardodie Ehre des ersten
Lamborghinivollständig aus Ingolstädter Feder. Die wortwörtliche Federführung entsprang dem Handgelenk des Luc Donckerwolke, seinerzeit Lamborghini-Designchef und für seine dort neu gedachte Formensprache mit diversen Preisen ausgezeichnet.
Was wir heute unter dem Hintern haben, ist ein ganz besonderer Gallardo. Es ist der 106. je gebaute aus dem ersten Baujahr 2003. An sich keine geschichtsträchtige Zahl, aber dennoch insofern besonders, als Lamborghini selbst keinen älteren Gallardo in seinem Besitz hat – und weil sie den eigentlich sammelnswerten Jungstier nicht schonen. Das Auto wird stets fahrbereit gehalten und für Events hergenommen. Der Kilometerstand ist deutlich fünfstellig, der Innenraum dem Alter entsprechend abgewohnt, die Schalter und Knöpfe zeigen deutlich die Audi-Verwandtschaft. Ach was, Schalter und Knöpfe – das komplette Infotainment wurde aus dem bayerischen Baukasten entnommen.
Grundlegend bietet der Gallardo eine von Lamborghini bis dato noch nicht gekannte Alltagstauglichkeit. Selbst der fast zwei Meter große Autor passt problemlos hinein, konventionelle Pforten erfordern keine peinlichen Verrenkungen wie bei den Scherentüren des Murciélago. Zudem war der Gallardo für Lambo-Verhältnisse erstaunlich günstig: Bei rund 140 000 Euro ging es los. Dafür gab es einen fantastisch kreischenden V10, 500 PS, Allradantrieb und einen in der offenen Aluminiumkulisse geführten Sechsgang-Handschalter mit Kugelschaltknauf, vor dem sich echte Enthusiasten heute noch demütig verbeugen.
"Giallo Bolognese" lackierter Gallardo fasziniert
Unser Testwagen ist derweil mit dem zwar damals fortschrittlichen, aber heute irgendwie doch primitiv wirkenden E-Gear-System ausgestattet. Dessen längliche Plastik-Schaltpaddel fassen sich fast ein wenig schlabberig an und sind für fix an der Lenksäule angebrachte Bedienelemente viel zu klein dimensioniert. Zudem schaltet sich das Ganze so elendig langsam, wie es eben nur ein automatisiertes Schaltgetriebe kann. Die Gedenksekunde bei Gangwechseln dauert eine gefühlte Ewigkeit, Entkopplung und erneuter Kraftschluss erfolgen zwar so rabiat wie in einem Handschalter, aber eben unvorhersehbar. Mit dem manuellen Getriebe ist all das zwar objektiv identisch, aber der Fahrer interagiert dabei mit dem Auto, kuppelt bewusst aus, schaltet – so weiß die Nackenmuskulatur über die körpereigene Nervenverbindung, wann sie was zu tun bekommt. Diese Interaktion fehlt beim E-Gear.
Das macht das Auto an sich aber nicht weniger faszinierend. Zumindest, wenn man die Reaktionen der Passanten am Straßenrand hier im nördlichen Umland von Rom beobachtet. Besonders die Kleinsten sind völlig hin und weg vom Sound und der Erscheinung des in "giallo bolognese" lackierten Keils. Eine Gruppe Grundschüler setzt zum innerstädtischen Sprint an, verfolgt uns laut johlend über mehrere Hundert Meter. Da freut man sich als autobegeistertes Kind der Achtziger, so was noch mal erleben zu dürfen, denn daheim bekommt man solch eine Begeisterung des Nachwuchses nur noch ganz selten zu sehen.
Fahrzeugdaten | Lamborghini Gallardo 5.0 V10 AWD E-Gear |
---|---|
Motor | V10, Mitte hinten längs |
Hubraum | 4961 cm3 |
Leistung | 368 kW (500 PS) bei 7800/min |
Max. Drehmoment | 510 Nm bei 4500/min |
Antrieb | Allrad, Sechsgang sequenziell |
L/B/H | 4300/1900/1165 mm |
Leergewicht | 1430 kg (DIN) |
0-100/200 km/h | 4,2/14,0 s |
Spitze | 309 km/h |
Verbrauch | 19,5 l SP |
Preis | ab 151.380 Euro (2003) |
Außerorts auf kleinen Landsträßchen angekommen, können wir den Gallardo mal halbwegs artgerecht bewegen – obwohl für wirklich forsches Vorankommen im Grunde nur die unteren drei Gänge nötig sind. Außer natürlich, man hatte schon immer den heimlichen Wunsch, mit der einheimischen Polizia Stradale Bekanntschaft zu machen. Will man den Zehnzylinder bei Laune halten, will dieser gedreht werden.
Unter 5000 Touren ist höchstens Warmlaufen angesagt, die maximalen 500 PS spuckt er erst ab 7800 Umdrehungen pro Minute aus. Fahrwerksseitig macht das erfahrene Rindvieh einen reichlich störrischen Eindruck. Könnte aber auch daran liegen, dass die Straßen hier in der Gegend im Grunde eine Aneinanderreihung von Schlaglöchern sind, die von gelegentlichen Asphaltfetzen zusammengehalten werden. So rollen wir wieder auf den Vorplatz des Autodromo
Vallelungaund ärgern uns ein bisschen, dass wir mit Gallardo #106 jetzt nicht auf die Rennstrecke abbiegen dürfen. Gleichzeitig sind wir umso dankbarer, einen automobilen Zeitzeugen bewegt zu haben.
Diese Reise wurde unterstützt von Lamborghini. Unsere Standards zu Transparenz und journalistischer Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit.
Fazit
von
Danke an Lamborghini, dass sie ihr ältestes Gallardo-Schmuckstück nicht im Museum versauern lassen, sondern es regelmäßig auf Events hervorholen. So ein Auto muss, ja will sogar gefahren werden.
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